Für die einen Traumvorstellung, für andere ein Albtraum: Bei einer Hausgeburt bringst du dein Kind nicht im Krankenhaus oder einem Geburtshaus zur Welt, sondern daheim. Wie sicher kann das sein? Und für wen ist eine Hausgeburt die richtige Wahl, für wen lieber nicht?
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Hausgeburt vs. Krankenhaus
Wer in Deutschland an die Geburt eines Babys denkt, hat mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit sofort Krankenhausszenen im Kopf. Bilder von Roll- und Beistellbetten. Scheinwerfer im Kreissaal. Hektische Menschen in Kitteln. Piepende Gerätschaften. Hebammen kurz vorm Schichtwechsel. Schreiende Neugeborene. Fremde Patient*innen im selben Zimmer. Krankenschwestern, die nachts um 4 Uhr den Blutdruck messen. Eine Scheibe Graubrot mit Sülze und Hagebuttentee.
Keine Frage: Einerseits ist dieses Bild vorm inneren Auge ein gutes, weil es beweist, dass wir in einem Land leben, in dem gewisse medizinische Standards und eine fachärztliche Versorgung als selbstverständlich gelten (nicht aber gesundes Essen). Andererseits bedeutet es, dass wir bestimmte Gegebenheiten kaum noch hinterfragen. Muss ich mein Kind wirklich in einem Krankenhaus zur Welt bringen? Ich bin doch gesund! Warum nicht lieber zuhause, in vertrauter und ruhigerer Umgebung? Die gute Nachricht: Du musst gar nichts. Du hast die Wahl. Mehr noch: Du solltest sie sogar bewusst treffen. Denn: Hausgeburten sind zumindest für gesunde Frauen mit unkomplizierten Schwangerschaften nicht nur sicher – sie gehen oft mit weniger Eingriffen und Komplikationen einher als Klinikgeburten. Hier erkläre ich dir, warum das so ist.
Zunächst ein paar Zahlen und Fakten: Eine Hausgeburt zählt gemeinsam mit Geburten in Geburtshäusern als „außerklinische Geburt“. 2023 machten nur 1,94 Prozent aller Schwangeren in Deutschland davon Gebrauch. Scheint fast so, als ob das die folgenden Vorteile von Hausgeburten sich noch nicht herumgesprochen haben – oder Geburten in Kliniken zumindest gefühlt noch immer mehr Sicherheit versprechen. Dabei teilt die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) mit:
- 85 % der Frauen mit geplanter Hausgeburt haben spontan vaginal entbunden. In Krankenhäusern liegt diese Rate deutlich niedriger, weil dort häufiger eingegriffen wird.
- Nur 11 % der Hausgeburten mussten in eine Klinik verlegt werden – und das meist nicht wegen eines Notfalls, sondern aus Vorsicht (z. B. pathologische Herztöne, Wunsch nach medizinischer Intervention).
- Die Kaiserschnittrate bei Hausgeburten liegt unter 5 %, während sie in Krankenhäusern bei 30–50 % liegt.
- Neugeborene aus Hausgeburten sind genauso gesund wie Klinikbabys. Die Rate schwerwiegender Komplikationen oder Sauerstoffmangel ist nicht erhöht.
- Es passieren weniger Dammverletzungen und traumatische Geburtserfahrungen bei Hausgeburten im Vergleich zu Klinikgeburten.

Warum bringen Hausgeburten oft weniger Komplikationen mit sich?
Keine Sorge, ich werde hier nicht medizinisches Fachpersonal schlechtreden. Im Gegenteil: Die meisten machen einen wunderbaren Job – oder würden ihn gerne machen, wenn das zunehmend auf Kostenminimierung getrimmte Gesundheitssystem, in dem sie arbeiten, sie ließe. Gerade deshalb aber sind Krankenhäuser nicht unbedingt die sicherste Option, als die sie scheinen.
1. Weniger medizinische Eingriffe
Im Krankenhaus kommen meist routinemäßige Maßnahmen zum Einsatz, die den Geburtsverlauf beeinflussen. Eine dauerhafte CTG-Überwachung etwa, also die Kontrolle von Herzfrequenz des Kindes und Wehentätigkeit der Mutter, kann dazu führen, dass Ärzt*innen und Geburtshelferinnen schneller eingreifen. Klar, im schlimmsten bzw. besten Fall kann das Leben retten, in der Regel aber vor allem zu unnötigem Stress:
Die Geburtshilfe geht den Bach runter. Durch strukturelle Gewalt, Zeitdruck, Hebammenmangel in Kliniken kommt es oft zu Einleitungen, dem Einsatz von Wehenmitteln oder weiteren medizinischen Interventionen, wie zum Beispiel dem vermehrtem Einsatz von Periduralanästhesien (PDAs). All dies löst Interventionskaskaden aus und trägt zu Kaiserschnittraten von bis zu 50 Prozent in manchen Kliniken bei.
Das stresst dich schon beim Lesen? Bei einer Hausgeburt bleibt der natürliche Geburtsverlauf meist ungestört. So werden weniger oder gar keine Eingriffe nötig.
2. Vertraute Umgebung = weniger Stress
Angst und Stress hemmen die Ausschüttung von Oxytocin – dem Hormon, das Kontraktionen, also die Wehen, und den Geburtsverlauf fördert. Aus dem Grund machen sich so viele Frauen zuhause mit Kontraktionen auf den Weg ins Krankenhaus, wo die Wehen dann aber sofort wieder verschwinden, weil die schwangere Frau nicht in ihrer gewohnten Umgebung ist und dies verbunden mit dem Stress und der medizinischen Umgebung das Oxytocin verscheucht. Was passiert: Die Frauen werden entweder mit Sätzen wie „Sie sind noch nicht soweit, fahren sie nochmal Heim“ nach Hause geschickt. Oder- und da sind wir wieder beim Thema Interventionen: Den Schwangeren wird angeboten, etwas „nachzuhelfen“ durch „Wehencocktails“, das manuelle Öffnen der Fruchtblase oder einer Einleitung. Sind Frauen gut aufgeklärt, ist es natürlich ihnen selbst überlassen, was sie machen oder was nicht. Allerdings muss hier einfach deutlich gesagt sein: Dies alles stört den Ablauf einer natürlichen Geburt und erhöht das Risiko eines Kaiserschnittes.
Allein die Frage danach, wann sich werdende Eltern die gepackte Tasche schnappen und in die Klinik düsen, bringt Stress mit sich. Denn klar: Zuhause fühlen sich viele Frauen sicherer und entspannter. Sie können sich frei bewegen, baden oder ihre gewohnte Atmosphäre genießen. Die dort kontinuierliche Betreuung durch eine vertraute Hebamme schafft Vertrauen und Geborgenheit. Ja, dieses Gefühl kann eine Beleghebamme, also eine „selbst mitgebrachte“ und nur für dich zuständige Hebamme, in der Klinik teilweise auch schaffen. Aber wegen der Umgebung eben ganz klar nur teilweise.
3. Selbstbestimmung und individuelle Betreuung
In der Klinik betreut eine Hebamme oft mehrere Geburten gleichzeitig. Zuhause genießt du eine 1:1-Betreuung durch deine Hebamme und/oder Doula. Gute Hausgeburtshebammen und Doulas begleiten Geburt ohne Zeitdruck. Sie respektieren deine Geburtswünsche, arbeiten hands off. Bonding und das erste Stillen erfolgt danach ungestört im eigenen Tempo.
4. Seelische und körperliche Gesundheit von Eltern und Baby
Säuglinge zeigen wegen dem Mehr an Ruhe nach Hausgeburten weniger häufig Regulationsstörungen. Und das ferner deshalb, weil sie keinen Stress und keine Medikamente durch die Plazenta abbekommen haben. Haut-auf-Haut-Kontakt direkt nach der Geburt hilft beim Ankommen auf der Welt und auch beim Stillstart. Untersuchungen haben gezeigt , dass invasive Interventionen mit einem erhöhten Risiko für postpartale Depressionen und Ängste in Verbindung stehen können. Eine ungestörte, physiologische Hausgeburt, könnte daher das Risiko psychischer Krisen senken. Das Gefühl der Sicherheit und das Fehlen von Stressfaktoren können demnach nach der Geburt einen positiven Einfluss auf die emotionale Gesundheit der Mutter haben. Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen, die Hausgeburten oder Alleingeburten erlebten, weniger wahrscheinlich unter dem sogenannten Baby Blues oder Wochenbettdepressionen leiden.

Wann darf eine Hausgeburt durchgeführt werden?
In Deutschland gibt es diverse Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit dich eine Hebamme bei deiner Hausgeburt begleiten darf. Dazu gehört beispielsweise die Bedingung eines gesunden Schwangerschaftsverlaufs ohne Risikofaktoren oder Vorerkrankungen der Kindsmutter. So dürfen Mehrlingsgeburten leider meist nur in der Klinik entbunden werden und Babys, die nicht mit dem Kopf nach unten liegen, ebenfalls. Über diese Regelungen lässt sich sehr viel streiten. Aber so sind sie aktuell in Deutschland. Solltest du dir dennoch eine außerklinische Geburt wünschen, mag ich dich an dieser Stelle ermutigen, dich nach einer erfahrenen freien Geburtsbegleitung umzuschauen.
Einen umfassenden Katalog, entwickelt vom GKV-Spitzenverband dem Deutschen Hebammenverband, findest du unter diesem Link.
Kritik an Hausgeburten: Gibt es Risiken?
Obwohl Hausgeburten für gesunde Frauen als sicher gelten, gibt es kritische Stimmen. Die besagen etwa:
„Falls ein echtes Notfallereignis auftritt, ist im Krankenhaus die Reaktionszeit kürzer.“
Ich sage unter Berufung auf die QUAG:
Die meisten echten Notfälle entstehen überhaupt erst durch vorangegangene medizinische Interventionen wie zum Beispiel Wehenmittel, Überwachung in Rückenlage und PDA.
„Zur Schmerzlinderung sind weder PDA noch andere Schmerzmittel wie in der Klinik verfügbar.“
Ich sage:
Während einer ungestörten Hausgeburt braucht die Gebärende diese Mittel ohnehin nicht, weil das Zusammenspiel der Hormone Oxytocin und Endorphinen ähnlich stark wie Morphium wirkt oder wirken kann.
Fazit: Hausgeburten – hot or not?
Als an Hausgeburten erfahrene Doula und dreifache Mutter weiß ich last but not least: In Deutschland ist eine geplante Hausgeburt mit Hebamme gut organisiert. Es gibt immer einen Notfallplan, und Hebammen sind auf Komplikationen vorbereitet.
Mein Fazit und vielleicht auch deines lautet deshalb: Geburt ist kein Wettbewerb. Es gibt kein „besser“ oder „schlechter“. Wichtig ist allein, dass du den Ort und das Team für dich auswählst, die wirklich zu dir passen. Die Qualität der Geburt deines Kindes und euer Wohlergehen steht und fällt mit der Wahl der richtigen Hebamme, Doula und/oder Geburtshelferin. Leider wurden zumindest erstere zuletzt wegen gestiegener Versicherungsbeiträge eher weniger als mehr. Aber das ist ein anderes Thema unseres Gesundheitssystems.
Du wünschst dir eine intensive, verlässliche Begleitung während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett? Du hast Fragen? Dann bist du hier bei mir goldrichtig!
Alles Liebe
Deine Rita