Die Geburt eines Kindes ist ein einzigartiges und kraftvolles Ereignis. Neben der körperlichen Vorbereitung kann auch die mentale Stärkung eine entscheidende Rolle spielen. Affirmationen sind dabei ein wertvolles Werkzeug, um sich innerlich auf eine positive Geburtserfahrung einzustimmen. Doch was genau sind Affirmationen, und wie können sie dir helfen?
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Wir alle haben sie schon gehört, diese ach so gut gemeinten Sätze:
„Denk positiv!“
„Ist doch alles gut gegangen!“
„Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus!“
Ratschläge, mit denen die absendende Person ihre Ratlosigkeit in Zuspruch ummünzen will – und die, obwohl fast nie böse gemeint, der Person, der es gerade wirklich nicht so gut geht, wie blanker Hohn vorkommen können. Von Menschen mit Depressionen ganz zu schweigen.
Anders verhält es sich, wenn du dir selbst solche Sätze sagst. Dann nämlich sprechen wir von Affirmationen. Und die kannst du während der Geburtsvorbereitung besonders gut gebrauchen.
Was sind Affirmationen?
Affirmationen sind positive, bejahende Sätze, die dein Denken und Fühlen positiv beeinflussen können. Sie helfen dir dabei, dein Unterbewusstsein auf eine bestimmte Haltung oder ein gewünschtes Ergebnis auszurichten. In der Geburtsvorbereitung können sie dich dabei unterstützen, Vertrauen in deinen Körper zu entwickeln und Ängste loszulassen.
Affirmationen basieren auf der Kraft der Wiederholung und der bewussten Ausrichtung auf positive Gedanken. Unser Gehirn kann nicht zwischen Vorstellung und Realität unterscheiden – wenn du eine Affirmation oft genug wiederholst und in dir verankerst, beginnt dein Unterbewusstsein, sie als Wahrheit anzunehmen. Dadurch kann sich deine innere Haltung verändern und eine neue, positive Realität erschaffen werden. Oder, um den Vorgang mit einem Negativbeispiel zu veranschaulichen: Die von US-Präsident Donald Trump stets wiederholten Fake News verändern ebenfalls die Haltung unter seiner Anhängerschaft. Sie werden in ihrer Weltsicht irgendwann zu einer vermeintlichen Wahrheit und schaffen eine neue, negative Realität. Aber das ist ein anderes Thema.
Wie können Affirmationen bei der Geburtsvorbereitung helfen?
Wie fast alle Frauen hast auch du vor der Geburt wahrscheinlich gemischte Gefühle. Freude und Aufregung. Aber auch Unsicherheiten oder Ängste. Affirmationen können dir helfen, Vertrauen in deinen Körper zu stärken, eine positive Einstellung zur Geburt zu entwickeln, Anspannung zu reduzieren, dich mit deinem Baby zu verbinden und die Selbstbestimmung während der Geburt zu fördern.
So lernst du, dass dein Körper für die Geburt gemacht ist und du dich darauf verlassen kannst. Dass statt Angst Vorfreude im Vordergrund stehen kann. Und dass du und dein Baby ein Team seid. Indem du dich innerlich stärkst, kannst du dich entspannter auf die Geburt einlassen. Eine selbstbewusste Haltung hilft (in jeder Lebenslage), mit Herausforderungen gelassener umzugehen.
Wie affirmiere ich richtig?
Damit deine Affirmationen ihre Wirkung entfalten, ist es wichtig, dass du sie bewusst und regelmäßig wiederholst. Hier einige Tipps:
- Nutze positive, präsente Formulierungen: Sage statt „Ich habe keine Angst“ lieber „Ich bin ruhig und vertraue meinem Körper“. So steht das negativ behaftete Wort „Angst“ gar nicht erst im Raum wie der berühmte pinke Elefant, an den man bitte nicht denken soll und dies gerade deshalb nicht vermeiden kann.
- Sprich deine Affirmationen laut oder innerlich aus – vor dem Spiegel, in der Meditation oder während einer Entspannungsübung.
- Schreibe sie auf und platziere sie sichtbar in deinem Alltag, zum Beispiel als Notiz am Spiegel oder als Hintergrundbild auf deinem Handy.
- Wiederhole sie regelmäßig – Besonders in den letzten Wochen vor der Geburt.
- Fühle die Bedeutung der Worte: Nicht nur das Wiederholen, sondern auch das Erleben der Worte ist entscheidend.
- Verstehe den Inhalt der Affirmationen: Es kommt nicht darauf an, sie einfach auswendig zu lernen und herunterzureden, sondern darauf, dass du sie wirklich inhaltlich verstehst und mit ihnen in Resonanz gehst.
- Kombiniere Affirmationen mit Atemtechniken oder Visualisierungen: Dies verstärkt ihre Wirkung und hilft dir, dich noch tiefer auf den Geburtsprozess einzulassen.
- Nutze Affirmationen individuell: Finde Sätze, die für dich persönlich stimmig sind. Wenn sich eine Affirmation nicht richtig anfühlt, formuliere sie um oder finde eine Alternative, die besser zu dir passt. Frage dich aufrichtig: Was wünschst du dir für deine Geburt? Welche Erinnerungen, Anker oder inneren Bilder sind dir wichtig? Welche Sorgen und Ängste hast du? Daraus entwickelst du deine eigenen Affirmationssätze.
- Erwarte keine Wunder: Affirmationen sind keine Garantie für eine Traumgeburt. Aber für dich möglicherweise ein wertvolles Tool, um mit einem entspannten Nervensystem in die Geburt zu starten.
Du bist schwanger und möchtest dich mental auf die Geburt vorbereiten? Im 4 wöchigen Online-Live-Kurs “Mentale, traumasensible Geburtsvorbereitung” unterstütze ich dich darin, selbstbestimmt und selbstverständlich zu gebären, indem du deine Kraft und deine Körperweisheit (wieder-) erkennst. In 4 Gruppentreffen plus einem individuellen 1:1 Coaching bekommst du:
- Wissen über physiologische Geburt
- individuelle Mental- und Entspannungstechniken
- Klarheit über Geburtsort und Geburtsteam
- Vorbereitung auf die erste Zeit mit Baby
- Bearbeitung deiner bisherigen Geburtserfahrungen
Der Kurs ist für alle Schwangeren und ihre Partner*innen geeignet.
Besonders sinnvoll ist die Teilnahme, wenn du bereits eine negative Geburtserfahrung hattest.
Beispiele für kraftvolle Geburts-Affirmationen
- „Jede Welle bringt mich meinem Baby näher.“
- „Meine Intuition zählt. Ich bin die Expertin für meine Geburt.“
- „Ich lasse los und vertraue dem Geburtsprozess.“
- „Mein Baby und ich sind ein perfektes Team.“
- „Immer nur diese eine Welle. Danach kann ich ausruhen.“
- „Ich bin ruhig, entspannt und voller Zuversicht.“
- „Ich öffne mich in meinem eigenen Tempo.“
- „Ich bin von Liebe und Unterstützung umgeben.“
- „Mein Atem bringt mir Ruhe und Kraft.“
- „Mein Körper weiß genau, was zu tun ist, um mein Baby sicher auf die Welt zu bringen.“
Wie integriere ich Affirmationen in den Alltag?
Wiederhole deine Affirmationen morgens direkt nach dem Aufwachen oder abends vor dem Einschlafen, wenn dein Unterbewusstsein besonders aufnahmefähig ist. Falls du dich ängstlich oder unsicher fühlst, wiederhole deine Affirmationen bewusst, um dich wieder auf das Positive auszurichten. Schreibe deine Affirmationen auf kleine Karten und verteile sie in deiner Wohnung oder trage sie in deinem Notizbuch bei dir. Du kannst deine Affirmationen aber auch aufnehmen und dir selbst regelmäßig anhören.
Wo stoßen Affirmationen an ihre Grenzen?
Affirmationen funktionieren nicht für jede*n gleich gut.
Bei Menschen mit sehr niedrigem Selbstwertgefühl können unrealistisch positive Affirmationen sogar das Gegenteil bewirken – weil der Widerspruch zum inneren Erleben zu groß ist. Merke dir deshalb: Der Wortlaut und die Häufigkeit machen einen Unterschied. Kurze, glaubwürdige Affirmationen, die an eigenen Werten anknüpfen und die du wirklich verstehst, sind wirksamer als sehr allgemeine, unrealistische Sätze.
Fazit
Hier wiederhole ich mich: Affirmationen bewirken keine Wunder. Sie ersetzen keine Therapie oder strukturelle Veränderungen – sie können aber ein hilfreiches Werkzeug sein, um deine Denk- und Handlungsmuster zu beeinflussen und ein wirkungsvolles Mittel, um deine mentale und emotionale Geburtsvorbereitung zu unterstützen. Sie helfen dir, Ängste zu reduzieren und dich voller Vertrauen auf die Geburt einzulassen. Indem du sie bewusst in deinen Alltag integrierst, kannst du eine positive und bestärkende Einstellung zur Geburt entwickeln. Wichtig ist, dass du nicht nur die Worte sprichst, sondern auch ihre Bedeutung wirklich verstehst und in dein Herz lässt.
Eine persönliche Anekdote zum Schluss: Ich bin am Niederrhein geboren und aufgewachsen. Ein großer Teil des dort vorherrschenden kleinbürgerlichen Mindsets widerstrebte mir zunehmend. Aber ein Motto blieb hängen. Laut des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch stecke hinter dem typisch niederrheinischen Dialog „Wie isset?“ „Muss, wa.“ eine tieferliegende Wahrheit. Nämlich die Grundeinstellung, dass zu viel Lamentieren auch nichts bringe und dass selbst bei negativen Erlebnissen die Erkenntnis „Wer weiß, wozu et noch jut is“ eine gar nicht mal so ungesunde ist. Denn ja: Oft sieht die Welt morgen wirklich schon wieder anders aus.